Außerschulische Lernorte - Tag 3

Sommersemester 2025


Rieke Ammoneit, Chris Reudenbach

🎯 Ziel der Studienleistung

  • Ziel ist es, einen Ort zu identifizieren, der sich fachlich und didaktisch besonders gut für außerschulisches Lernen eignet. Sie sollen aufzeigen, welches Potenzial dieser Ort im Hinblick auf Klimaanpassung bietet und welche Herausforderungen sich dort stellen. Gemeinsam entwickeln Sie Strategien, um diese Herausforderungen zu vermitteln und die Resilienz der Gesellschaft zu stärken.
  • Dabei erfolgt die Erschließung des Lernorts im Kontext der Studienleistung auf universitärer Ebene: Ihre Kommiliton:innen sollen am Beispiel Marburgs fundierte Einsichten in Klimaresilienz und -vulnerabilität gewinnen.

🏕️ Außerschulische Lernorte und Klimawandelbildung

  • Integrierende Systemperspektive definiert Fachlichkeit (Deutsche Gesellschaft für Geographie (2020)) und entspricht Kernkonzepten, die für die Bewältigung dieser Zukunftsherausforderungen benötigt werden. (Chang and Wi (2018), Harm and Lee (2021))
  • Die Geographie hat ein großes Potenzial, einen Beitrag zur Bildung für Klimanpassung zu leisten. (Chang and Wi (2018), Davies et al. (2024), Harm and Lee (2021), Morote, Hernández, and Olcina (2021))
  • Feldmethoden und außerschulisches Lernen erschließen die Kontextgebundenheit von Adaptionsmaßnahmen. (Rickards et al. (2024))
  • Fehlvorstellungen erschweren einen konstruktiven Umgang mit der globalen Erwärmung. (Brown et al. (2023), Crandon et al. (2022). Ratinen (2021))

🗺️ Herausforderungen der Klimaadaption - Kontextgebundenheit

Die grundsätzliche Kontextgebundenheit von Adaptionsmaßnahmen bedeutet, dass abstrakte Erkenntnis erst auf das konkrete Setting angewendet werden muss (vgl. Rickards et al. (2024)).

Was bedeutet das für die Exkursion?

  • Abstrakte Erkenntnisse (allgemeine Konzepte) benennen und erläutern.
  • Anhand gut gewählter Standorte auf das konkrete Setting anwenden

🗺️ Herausforderungen der Klimaadaption - Konvergenz

Auch für die übergeordneten Ebenen sind neue Forschungszugänge erforderlich sind (vgl. Rickards et al. (2024)). Ein Rückgriff auf vorhandenes Wissen ist daher notwendig, birgt aber die Gefahr, schematisch auf alte, nicht mehr gültige Lösungsstrategien zurückzugreifen (vgl. Abercrombie et al. (2023), Rickards et al. (2024)).

Was bedeutet das für die Exkursion?

  • Wenn nötig, Spannungsfelder benennen, an denen die vorgestellten Konzepte zu kurz greifen (Was wissen wir nicht?)

🗺️ Herausforderungen der Klimaadaption - Kommunikation mit gesellschaftspolitischen Akteur:innen

Die Kommunikation mit gesellschaftspolitischen Akteur:innen kann die Tendenz zur Übersimplifizierung vermeiden. Allerdings benötigen Akteur:innen in der Regel Planungssicherheit, die aufgrund der Unsicherheiten in der Entwicklung und der Neuartigkeit von Strategien nicht mit notwendiger Zuverlässigkeit gewährleistet werden kann (vgl. Rickards et al. (2024)).

Was bedeutet das für die Exkursion?

  • involvierte gesellschaftlichen Akteur:innen und ihre Interessen benennen.
  • Auswahl geeigeneter Standorte wo (potenzielle) Interessenskonflikte deutlich gemacht werden können.

🗺 Herausforderung der Klimaadaption - Gesamtgesellschaftlich denken

Zur Stärkung der Resilienz einer Gesellschaft ist es zwingend erforderlich Klimaadaption gesamtgesellschaftlich und nicht individuell zu denken. (vgl. Colloff et al. (2017), Fedele et al. (2019); Wilson et al. (2020)).

Was bedeutet das für die Exkursion?

  • geeigenete Standorte finden, um individuelle und gesamtgesellschaftliche Interessen bezgl. der Resilienz sichtbar zu machen.

🗺️ Herausforderung der Klimaadaption - Proaktives Handeln

Proaktives Handeln ist notwendig, um Adaptionsbemühungen voranzubringen. Ohne aktive Bemühung tritt notwendige Adaption zugunsten von Planungssicherheit in den Hintergrund (vgl. Eisenack et al. (2014)).

Was bedeutet das für die Exkursion?

  • welches gesellschaftpolitische Engagement erscheint für erfolgreiche Adaptionsmassnahmensinnvoll?

Raumkonzepte und außerschulisches Lernen

Die vier grundlegenden Raumkonzepte nach Wardenga (2002) sollen für das Lernen an außerschulischen Lernorten zur Klimaresilienzbildung genutzt werden. Raum ist dabei nicht nur ein physischen Ort, sondern als vielschichtige Lernstruktur zu verstehen, in der sich Erkenntnisprozesse mit wachsender Komplexität entfalten.

Die vier Raumkonzepte bilden nicht nur didaktische Niveaustufen ab, sondern öffnen auch verschiedene Perspektiven auf einen Lernort – von der reinen Wahrnehmung über die funktionale Analyse bis zur kritischen Reflexion über gesellschaftliche Aushandlungsprozesse.

Dadurch wird eine progressive Entwicklung von Raumkompetenz im geographischen Lernen außerhalb der Schule ermöglicht.

1. Raum der Sinneswahrnehmung

Beobachteter Ort als Einstieg:

  • Standort: Der Realraum wird über Sinne erschlossen (sehen, fühlen, hören, riechen).
  • Wissenschaftlichkeit: erste Annäherung an geographische Phänomene noch ohne systematische Modellbildung
  • lokale Klimaanpassung: Eine subjetive Wahrnehmung von relevanten Größen z.B. Hitze, Trockenheit, Luftqualität – ohne Bewertung oder Lösungsorientierung wird ermöglicht.

2. Raum als Container

Raum als abgeschlossene Einheit mit messbaren Eigenschaften:

  • Standort: Der Lernort wird als räumlich Einheit mit analysierbaren Merkmale definiert und entsprechend begründet eingegrenzt (z. B. Temperatur, Versiegelung).
  • Wissenschaftlichkeit: Fachlich wird eine systematische Datenerhebung begründet (z. B. Temperaturmessung, Vegetationsbestimmung).
  • lokale Klimaanpassung: Klimaanpassung wird als bauliche oder technische Maßnahme sichtbar gemacht (z. B. Bäume, Entsiegelung, Gründach).

3. Raum als System von Lagebeziehungen

Raum als funktional vernetztes Gefüge:

  • Standort: Der Lernort wird im Kontext seiner Beziehungen analysiert (z. B. Einfluss von Verkehr, Nachbarschaft, Wasserabfluss).
  • Wissenschaftlichkeit: In der fachliche Begründung raumzeitliche Prozesse werden wissenschaftliche Modelle angewendet.
  • lokale Klimaanpassung: Anpassungsmaßnahmen werden funktional verstanden und bewertet (z. B. Schwammstadt, Begrünung, Verkehrsberuhigung).

4. Raum als Konstrukt

Raum als soziales, politisches, kulturelles Produkt:

  • Standort: Der Lernort wird als Ergebnis gesellschaftlicher Aushandlung und Konstruktion - betrachtet (z. B. Nutzungskonflikte, Wahrnehmungen).
  • Wissenschaftlichkeit: Fachlich wird der Raum als Deutungs- und Diskursraum unter Einbezug einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise erschlossen.
  • lokale Klimaanpassung: Klimaanpassung wird als gesellschaftliche Herausforderung reflektiert: Wer profitiert? Wer ist verantwortlich? Welche gesellschaftlichen Spielräume sind vorhanden?

Geeignete Standorte finden

Da die Grundidee des ASLO-Themas komplex ist und sowohl das fachwissenschaftliche Wissen als auch Kenntnisse über geeignete Standorte begrenzt sind, ist ein strukturiertes, zielgerichtetes Vorgehen bei der Standortsuche notwendig.

Aufgabenstellung

Gehen Sie nach draußen und suchen Sie geeignete Orte für Ihr Thema.

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Methodische Hilfestellung Themenklärung und Standortsuche

Identifikation und Abgrenzung des Themas durch Bestimmung klimatischer Prozesse und Raumeigenschaften sowie Definition von Kriterien zur Auswahl geeigneter Standorte basierend auf Struktur, Belastung, Nutzung und Entwicklungspotenzialen.

Vorgaben für den Projektplan

Eine Vorlage für den Projektplan finden Sie unter 7. Synthese der Ergebnisse unter dem unten angegebenen Link. Dort findet sich auch eine ausführliche methodische Hilfestellung in Form des Konzepts des Problemorientierten Lernens, das sich gut zur Unterstützung der Projektdurchführung eignet.

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Methodische Hilfestellung Projektentwicklung und Projektplan

Das Problemorientierte Lernen als Schema zur Bearbeitung komplexer Projekte

Deadline Teilabgabe Projektplan

Der Projektplan Ihrer Gruppe muss bis zum 04.05.2025 23:55 Uhr im Ordner Ilias hochgeladen sein.

Literatur

Abercrombie, Sarah, Diana L. Stuart, Camille E. Aslan, Sara Souther, and Barbara C. Petersen. 2023. “Training Community Engaged Climate Adaptation Leaders Using Multiple Case Study Analysis: Insights from Cognitive Learning Sciences.” Frontiers in Climate 5: 1196467. https://doi.org/10.3389/fclim.2023.1196467.
Brown, A., S. Collado, G. W. Evans, and J. E. Loebach. 2023. “Designing Learning Environments for Promoting Young People’s Constructive Coping with Climate Change.” In Advances in Child Development and Behavior, edited by J. J. Lockman, 65:169–98. JAI. https://doi.org/10.1016/bs.acdb.2023.05.005.
Chang, C.-H., and A. Wi. 2018. “Why the World Needs Geography Knowledge in Global Understanding: An Evaluation from a Climate Change Perspective.” In International Perspectives on Geographical Education, edited by A. Demirci, R. de Miguel González, and S. W. Bednarz, 29–42. Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-319-77216-5_3.
Colloff, M. J., B. Martín-López, S. Lavorel, B. Locatelli, R. Gorddard, P.-Y. Longaretti, G. Walters, et al. 2017. “An Integrative Research Framework for Enabling Transformative Adaptation.” Environmental Science & Policy 68: 87–96. https://doi.org/10.1016/j.envsci.2016.11.007.
Crandon, T. J., J. G. Scott, F. J. Charlson, and H. J. Thomas. 2022. “A Social–Ecological Perspective on Climate Anxiety in Children and Adolescents.” Nature Climate Change 12 (2): 123–31. https://doi.org/10.1038/s41558-021-01251-y.
Davies, A. R., S. Hügel, A. Norman, and G. Ryan. 2024. “Climate Smart: Geography, Place and Climate Change Adaptation Education.” Geography 109 (1): 27–35. https://doi.org/10.1080/00167487.2024.2297611.
Deutsche Gesellschaft für Geographie. 2020. “Bildungsstandards Im Fach Geographie Für Den Mittleren Schulabschluss.” https://geographie.de/wp-content/uploads/2020/09/Bildungsstandards_Geographie_2020_Web.pdf.
Eisenack, K., S. C. Moser, E. Hoffmann, R. J. T. Klein, C. Oberlack, A. Pechan, M. Rotter, and C. J. A. M. Termeer. 2014. “Explaining and Overcoming Barriers to Climate Change Adaptation.” Nature Climate Change 4 (10): 867–72. https://doi.org/10.1038/nclimate2350.
Fedele, G., C. I. Donatti, C. A. Harvey, L. Hannah, and D. G. Hole. 2019. “Transformative Adaptation to Climate Change for Sustainable Social-Ecological Systems.” Environmental Science & Policy 101: 116–25. https://doi.org/10.1016/j.envsci.2019.07.001.
Harm, K., and W. Y. Lee. 2021. “Exploring a Visualization-Based Geography Teaching Strategy for Climate Change Education.” Journal of the Korean Geographical Society 56 (6): 657–73. https://doi.org/10.22776/kgs.2021.56.6.657.
Morote, Á.-F., M. Hernández, and J. Olcina. 2021. “Are Future School Teachers Qualified to Teach Flood Risk? An Approach from the Geography Discipline in the Context of Climate Change.” Sustainability 13 (15): 8560. https://doi.org/10.3390/su13158560.
Ratinen, I. 2021. “Students’ Knowledge of Climate Change, Mitigation and Adaptation in the Context of Constructive Hope.” Education Sciences 11 (3): 103. https://doi.org/10.3390/educsci11030103.
Rickards, L. A., J. Alexandra, T. Denham, and A. Sanders. 2024. “Five Tensions in Climate Adaptation Research.” Frontiers in Climate 5: Artikel 1215171. https://doi.org/10.3389/fclim.2023.1215171.
Wardenga, Ute. 2002. “Räume in Der Geographie – Zu Raumbegriffen Im Geographieunterricht.” Wissenschaftliche Nachrichten, no. 120: 47–52.
Wilson, R. S., A. Herziger, M. Hamilton, and J. S. Brooks. 2020. “From Incremental to Transformative Adaptation in Individual Responses to Climate-Exacerbated Hazards.” Nature Climate Change 10 (3): 200–208. https://doi.org/10.1038/s41558-020-0691-6.